Vor «New Work» kommt erst einmal «Good Work»

Während immer mehr Menschen über New Work sprechen, Berater tolle Konzepte entwickeln und Xing den New Work Award vergibt, sieht die Welt für viele Menschen noch ganz anders aus. Denn bevor wir über New Work sprechen, sollten wir erst einmal die Grundlagen dafür schaffen.

Inhaltsverzeichnis

Immer wieder wird die Idee von „New Work“ als Allheilmittel gepriesen, um organisatorische Probleme zu lösen: zu ineffiziente Prozesse, zu träge Entscheidungswege, zu langsame Entwicklungszyklen oder den allgegenwärtigen Fachkräftemangel. Dabei bleibt häufig unklar, was „New Work“ eigentlich konkret bedeutet.

Für uns steht fest: Der Kern von „New Work“ ist die Verteilung von Führungsarbeit auf viele Schultern. Dadurch kann jeder aktiv Einfluss nehmen und Verantwortung für das übernehmen, was er operativ umsetzt.

Die klassische Trennung zwischen Menschen, die führen, und solchen, die ausführen, wird neu gedacht: Immer mehr Menschen übernehmen beides – operative Aufgaben und Führungsverantwortung.

Doch bevor dieser Zustand erreicht werden kann, müssen grundlegende Herausforderungen gemeistert werden. Die Transformation zu einem gemeinsam geführten Unternehmen ist bereits anspruchsvoll genug.

Bevor dies also geschehen kann, braucht es oftmals sehr viele Grundlagen. Denn ein Team, eine Abteilung oder das ganze Unternehmen gemeinsam zu führen, ist selbst schon ein rechter Schritt.

Problem 1: Fehlendes Vertrauen

In Organisationen mit ausgeprägter Command & Control-Kultur und einem angstgeprägten Arbeitsumfeld kann Verantwortung nicht einfach neu verteilt werden. Wer wiederholt zu hören bekam, dass seine Arbeit unzureichend sei, wird der plötzlichen Übertragung von Verantwortung mit Skepsis begegnen. Vertrauen muss erst systematisch aufgebaut werden.

Problem 2: Unklare Führungsstrukturen

Eine hierarchische Führungsorganisation ist nicht grundsätzlich problematisch. Problematisch wird es, wenn die Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse unklar definiert sind. In vielen Organisationen fehlt Klarheit darüber:

  • Welche Kompetenzen hat eine Führungskraft?
  • Wer darf welche Entscheidungen treffen?
  • Innerhalb welcher Rahmenbedingungen können Entscheidungen getroffen werden?


Diese Unklarheit führt dazu, dass „Eskalation“ zum Standardwerkzeug wird – Probleme werden nach oben weitergereicht, anstatt vor Ort gelöst zu werden.

Eine klar hierarchisch strukturiere Führungs- und Managementorganisation (auch als Pyramide bekannt) ist nicht grundsätzlich schlecht. Allerdings ist diese in vielen Organisationen sehr unklar definiert. Was darf eine Führungskraft überhaupt? Wer darf welche Entscheidung treffen? Gibt es einen Rahmen, in dem dies erfolgen muss? Nicht selten ist das Wort „Eskalation“ auch deswegen so populär, weil es die einzige Lösung ist, die eine Chance auf Erfolg hat: Das Problem durch höhergestellte Instanzen klären zu lassen.

Problem 3: Mangelnde Partizipation

Ein effektiver Zwischenschritt auf dem Weg zum kollegial geführten Unternehmen ist die „Agilisierung“ der Führung. Dabei behält die Führungskraft zwar ihre grundsätzliche Verantwortung, bezieht aber das Team stärker ein: durch aktives Einholen von Meinungen, Mitspracherechte und die gezielte Delegation von Führungsaufgaben (beispielsweise bei der Ferienplanung). So sammeln beide Seiten wertvolle Erfahrungen im Übergeben und Übernehmen von Verantwortung.

Problem 4: Die normalisierte Verantwortungslosigkeit

Oftmals ist es den Mitarbeitenden aber auch Führungskräften von den Rahmenbedingungen her schlicht unmöglich, echte Verantwortung für Themen zu übernehmen. Das System bietet schlicht nicht die Rahmenbedingungen dazu. Irrtum wird bestraft. Falsche KPIs führen zu Fehlverhalten. Und ob Aufgaben rein aus der Verpflichtung heraus übernommen werden oder aus einem anderen Zustand, interessiert oftmals auch niemanden. Stattdessen wird Energie auf Cover-your-ass verschwendet und das gegenseitige Beschuldigen verschwendet.

Das Entwicklungsprogramm WegeV ENABLES kann ein erster Schritt in Richtung mehr Verantwortungsübernahme sein.

Oft verhindern die bestehenden Rahmenbedingungen, dass Mitarbeitende und Führungskräfte echte Verantwortung übernehmen können:

  • Fehler werden bestraft statt als Lernchance begriffen
  • Falsch gesetzte KPIs fördern dysfunktionales Verhalten
  • Die Motivation hinter der Aufgabenerfüllung bleibt unbeachtet


In solchen Systemen verschwenden Menschen Energie darauf, sich abzusichern und gegenseitig die Schuld zuzuschieben, anstatt gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Problem 5: Fehlende Transparenz

New Work funktioniert nur mit umfassender Transparenz, und diese will gelernt sein. Es geht nicht bloss darum, alle Daten zur Verfügung zu stellen, sondern darum, Mitarbeitenden zu ermöglichen, diese zu verstehen und einzuordnen:

  • Wie ist die tatsächliche finanzielle Lage?
  • Welche Kundenbeziehungen bestehen?
  • Welche Produkte sind erfolgreich, welche nicht?
  • Wohin fliessen die finanziellen Mittel?


Diese Transparenz schafft Vertrauen und das notwendige Verständnis für verantwortungsvolles Handeln.

Problem 6: Ungelöste Probleme

Zu oft sollen Mitarbeitende im Rahmen von New-Work-Initiativen plötzlich Probleme lösen, die das Management lange Zeit aufgeschoben hat:

  • Leistungsträger, die längst untragbar geworden sind
  • Geschäftsbereiche, die eigentlich aufgegeben werden müssten
  • Kundenbeziehungen, die längst wirtschaftlich nicht mehr tragbar sind


Die Transformation zu New Work ist bereits herausfordernd genug, sie mit ungelösten Altlasten zu belasten, ist kontraproduktiv.

Problem 7: Unklare Ausrichtung

Eine Organisation existiert nicht zum Selbstzweck. Ohne klare Vision, Mission und Strategie fehlt die grundlegende Orientierung:

  • Wofür steht die Organisation?
  • Was gehört zu ihrem Kerngeschäft, was nicht?
  • Welche Ziele verfolgt sie?


Zu oft bleiben diese Fragen unbeantwortet oder werden mit Management-Floskeln umschifft, die keine echte Klarheit schaffen.

 

Fazit: Der Weg zu Good Work ist bereits ein grosser Schritt

Mit Good Work – einer Arbeitswelt, in der die genannten Grundprobleme gelöst sind – wären bereits viele Mitarbeitende deutlich zufriedener. Die Auseinandersetzung mit diesen Themen greift zwar tief in bestehende Strukturen ein, schafft aber die notwendige Basis für den späteren Übergang zu New Work.

 

Wie ist es bei euch?

Wie erlebet ihr Arbeit in eurem Umfeld? Lebt ihr bereits „Good Work“ oder vielleicht sogar schon „New Work“?

Ihr sucht nach Impulsen für Veränderung? Nehmt mit uns Kontakt auf – wir unterstützen euch gerne auf diesem Weg.

Herzliche Grüsse
Ralf & Andreas